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Karte 22.1 ‘Heuschrecke’, Georg Drenda: Wortatlas für Rheinhessen Pfalz und Saarpfalz, S. 108. [Bild: Georg Drenda (IGL)]

Heuschrecke

In den deutschen Dialekten werden die verschiedenen Heuschreckenarten teilweise sprachlich unterschieden. Um die Frage nach dem Insekt möglichst eindeutig zu stellen, bediente sich der Atlasfragebogen einer farbigen Abbil­dung. Diese zeigte den Gewährspersonen die fotografische Aufnahme eines Grünen Heupferdes (Tettigonia viridissima). Die aus dem Erhebungsgebiet gemeldeten Belege sind bis auf eine Ausnahme durchweg Wortzusammen­setzungen, die nach einem einheitlichen Muster gebildet sind. Im ersten Teil des Kompositums wird auf den Aufenthaltsort des Insekts hingewiesen und der zweite bezieht sich auf die Fortbewegungsart des Tieres. Die erste Kom­ponente rekrutiert sich aus einem der sachlich zusammenhängenden Ausdrü­cke Heu- und Gras‑. Die zweite ist eine Nomen-Agentis-Bildung auf der Ba­sis eines Synonyms von ‘springen’: ‑hüpfer, ‑hupser usw.

Die Herkunft des Wortes Gras ist nicht eindeutig geklärt. Als germanische Vorläufer kommen *grasa- ‘Gras, Kraut’ oder *grōa- ‘wachsen’ in Be­tracht. Für Heu wurde gleichbedeutend germanisch *hawja- erschlossen. Wahr­scheinlich besteht Verbindung zu hauen. Damit wäre Heu ‘das gehauene Gras’.

Das im Arbeitsgebiet des Atlasses am häufigsten vertretene Komposi­tum ist Heuhupser (dialektal Heihubser u. ä.), selten anzutreffen ist die Verbin­dung des Grundwortes mit Gras- zu Grashupser. Überhaupt kommt Gras- als Bestimmungswort wesentlich seltener als Heu- vor. Das dem Glied ‑hupser zugrundeliegende Verb hupsen lautet im Standarddeutschen hopsen. Es handelt sich hierbei um eine Weiterbildung zu hoppen. Dieses Wort ist die nieder- und mitteldeutsche Variante von hüpfen, zu dem ebenfalls das Verb hoppeln ‘ungleichmäßig hüpfen’ gehört.

Auch auf der Basis von hüpfen liegen Bildungen vor. Es sind dies: Heu- und Grashüpfer (dialektal Heihipper, Grashibber u. ä.) sowie die umlautlosen Heu- und Grashupfer (dialektal Heihupfer u. ä., Grashupper). Bereits das dazu­gehörige mittelhochdeutsche Verb tritt in zwei Varianten, nämlich mit und ohne Umlaut auf. Die Etymologie ist nicht geklärt.

Das Kompositum Heuschrecke lässt sich bis ins Althochdeutsche zurückverfolgen, wo es als hewiscrecko, houwiscrecko belegt ist. Die wörtliche Bedeutung ist ‘Heuspringer’. Das zweite Wortelement ‑schrecke beruht auf dem Verb schrecken, das noch im Mittelhochdeutschen die ursprüngliche Bedeutung ‘(auf)springen’ aufweist, die übertragen den Sinn von ‘auffahren, erschrecken’ bekommt. Der Ursprung des Verbs ist die Wurzel indogermansich *sker- ‘springen’.

Heuschnecke lässt sich nicht zuverlässig deuten. Das Wort ist lediglich einmal als Variante belegt, aber es findet sich zahlreich, sogar flächenbil­dend in anderen Dialektgebieten (z. B. Oberfranken, Oberpfalz). Es ist nicht sicher, ob eine zur Schnecke hergestellte Ähnlichkeitsbeziehung (Körper­form und ‑größe, Fühler) das Motiv für die Kompositumsbildung abgibt. Ebenso unsicher ist die Annahme einer volksetymologischen Uminterpreta­tion, nachdem die Bedeutung ‘springen’ beim Verb schrecken abge­gangen ist und ‑schrecke nicht mehr gedeutet werden konnte, so dass es durch das lautlich ähnliche und semantisch transparente ‑schnecke ersetzt wurde.

Auch nur einmal, (ebenfalls als Variante) wird Heugumper (dialektal Hai­gumper) gemeldet. Im Südwesten des deutschen Sprachgebietes (Südbaden, Schweiz) hingegen ist das Kompositum weit verbreitet. Das Grundwort stellt ein Nomen Agentis zu mittelhochdeutsch gumpen ‘springen, hüpfen’ dar. Das Verb, mit dem englisch jump ‘springen’ zu vergleichen ist, ist in verschiedenen Dialekten gebräuchlich, in die neuhochdeutsche Standardsprache hat es den Weg nicht gefunden.

Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis

Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links. 

Mehr zum Thema

Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.

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