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Herbst
In den Dialekten der (Saar-)Pfalz und Rheinhessens bezeichnet Herbst (dialektal Herbscht u. ä.) nicht nur die Jahreszeit zwischen Sommer und Winter, sondern auch die Ernte der Feld- und Gartenfrüchte im Herbst. In Gegenden mit Weinbau ist Herbst der angestammte Ausdruck für ‘Traubenlese’. ‘Ernte’ ist wohl der ursprüngliche Inhalt des Wortes, das sehr früh über ‘Zeit der Ernte’ die weitere Bedeutung ‘Herbst’ entwickelt hat, die bereits für die germanische Grundlage *harbista- angenommen wird. (Vgl. hierzu das etymologisch zugehörige englisch harvest ‘Ernte’.) Die indogermanische Wurzel ist *karp- ‘ernten’. In der neuhochdeutschen Standardsprache ist der Inhalt von Herbst auf ‘Jahreszeit zwischen Sommer und Winter’ reduziert.
Nur im Südwesten des deutschen Sprachgebietes kommt die Bezeichnung Spätjahr oder – umlautlos – Spatjahr vor. Das Wort tritt dort als Synonym von Herbst auf, das im gesamten deutschen Dialektraum verbreitet ist. Manche Dialekte des Südwestens differenzieren zwischen Spätjahr/Spatjahr ‘Jahreszeit zwischen Sommer und Winter’ einerseits und Herbst ‘Ernte von Gartenfrüchten, Weintrauben usw.’ andererseits. Der Atlas fragte nach der Bezeichnung der Jahreszeit. Neben überwiegendem Herbst wurde etliche Male Spätjahr/Spatjahr genannt, und zwar bemerkenswert häufig als Variante von Herbst. Dieses durch die Standardsprache gestützte Wort scheint Spätjahr/Spatjahr (dialektal Schbeedjohr u. ä./Schboodjohr u. ä.) zurückzudrängen.
Spätjahr und das ebenfalls im südwestdeutschen Sprachraum vorkommende Spätling auf der einen Seite sowie Frühjahr und Frühling auf der anderen sind parallele Bildungen, die erst zwischen dem 15. und 17. Jh. auftreten. Während Frühjahr und Frühling in der Schrift- und Standardsprache ältere Ausdrücke wie z. B. Lenz ersetzt haben, haben Spätjahr und Spätling Herbst nicht verdrängen können.
Die erste Komponente der Zusammensetzung Spätjahr lässt sich auf germanisch *spǣdi- ‘spät’ zurückführen. Weiteres ist nicht geklärt. Wahrscheinlich gehört lateinisch spatium ‘Raum, Ausdehnung, Dauer’ etymologisch zu dem Wort. Das zweite Kompositionselement geht auf germanisch *jǣra- ‘Jahr’ zurück. Durch Vergleich mit den älteren Stufen anderer indogermanischer Sprachen kann für das Urwort die ursprüngliche Bedeutung ‘Frühling’ angenommen werden, die dann in ‘Jahr’ überging, da die Jahre nach den Lenzen gezählt wurden.
Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.