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Berliner Pfannkuchen (ungefüllt)
Für das faustgroße, kugelförmige Hefesüßgebäck, das in heißem Fett schwimmend ausgebacken wird, gibt es die überregionale Handelsbezeichnung Berliner. Das ist eine Kurzform zu Berliner Pfannkuchen wie Frankfurter eine Kürzung aus Frankfurter Würstchen ist. Das im Osten Deutschlands übliche Wort für das Gebäckstück ist Pfannkuchen. Mit Pfanne ist hier die höhere Schmalzpfanne und nicht die flache Bratpfanne gemeint. Im Westen und im Süden kennt man ebenfalls den Ausdruck Pfannkuchen, aber in einem anderen Sinn. Hier bezeichnet er einen in der Stielpfanne ausgebackenen Teigfladen, vergleichbar dem Omelette.
Die Bezeichnungen für den Berliner (Pfannkuchen) stellen im größten Teil des Untersuchungsgebietes Zusammensetzungen aus verschiedenen lautlich-morphologischen Varianten von Fastnacht und Kuchen dar: Fastnachtskuchen/ Fasekuchen, Fastnachtsküchel/ Faseküchel sowie Fastnachtsküchelchen/ Faseküchelchen. Als Dialektbelege sind u. a. zu nennen: Fassenachtskuche, Faasekuche, Fasenachtskichel, Fasekichel, Fassnachtskichelsche und Fasekiechelche.
Die dialektalen Formen von Fastnacht bilden zwei Typen. Der eine weist einen annähernd vollständigen Wortkörper (ohne ‑t) auf: Fassnacht, Fas(s)enacht u. ä., der andere ist durch starke Reduktion gekennzeichnet: Fase. Dafür, dass das im Westen der Pfalz auftretende Fase (Femininum) eine Kürzung aus Fasenacht ist, spricht die vom Pfälzischen Wörterbuch (II, 1048) auch erhobene vollständigere Form Faset (Femininum), die sich jedoch nicht in den diesem Wortatlas gemeldeten Komposita findet. Das zweite Kompositionsglied ‑kuchen kommt überwiegend als Diminutiv vor, und zwar in dem Gebiet, in dem sonst das ‑chen-Suffix vorherrscht, mit der doppelten Diminuierung ‑elchen (‑kichelsche usw.) und im Gebiet mit üblichem l-Suffix mit den Endungen ‑el oder ‑le (‑kichel, ‑kichle).
Fastnacht ist im Untersuchungsareal die bodenständige Bezeichnung für den Karneval. Sie ist verbreitet im gesamten südwestdeutschen Sprachraum, im Schwäbisch-Alemannischen reduziert zu Fasnet. Die Motivation, die Benennung für das Fettgebackene mit Fastnacht zu verbinden, rührt daher, dass das Gebäck früher am Dienstag vor Aschermittwoch hergestellt und verzehrt wurde. Der Tag vor Aschermittwoch, dem Beginn der Fastenzeit, trägt die Bezeichnung Fastnacht. Der Begriff wird allerdings auch weiter gefasst. Er bezieht sich dann auf die Zeit von Silvester bis zum Vortag des Aschermittwochs. Das Feingebäck ist heutzutage in den Bäckereien das ganze Jahr über erhältlich und überwiegend mit Fruchtmarmelade gefüllt. Das traditionelle, hausgemachte Erzeugnis hingegen enthält keine Füllung. Die Atlasfrage bezog sich auf dieses ursprünglich ungefüllte Backwerk.
Die Etymologen sind sich nicht darüber einig, wie die ‑t‑-losen Fastnacht-Varianten, also Fasnacht usw. zu deuten sind. Die einen gehen von fasten aus und nehmen an, dass die Vollform des Substantivs – im Mittelhochdeutschen als vastnacht ‘Vorabend vor der Fastenzeit’ vertreten – die ursprüngliche ist und Sprachökonomie zum ‑t‑-Ausfall geführt hat, der bereits für das 13. Jh. mit mittelhochdeutsch vasnacht belegt ist. Die anderen setzen ursprüngliches, allerdings nicht belegtes *fasanacht an, das als Bezeichnung für den Tag vor Beginn der Fastenzeit mit dem Wort fasten in Verbindung gebracht wurde, von dem das t stammt. Sprachgeschichtliche Grundlage des Verbs fasten scheint indogermanisch *pwos- ‘reinigen, läutern’ zu sein. Demnach wäre Fastnacht ursprünglich die ‘Nacht vor der Zeit der (kultischen) Reinigung’, zu der auch das Fasten gehört.
Das Grundwort von Fastnachtskuchen und Fasekuchen tritt nur in einigen rheinhessischen und westpfälzisch-saarländischen Belegorten nicht in diminuierter Form auf. Je einmal wurden von den Gewährspersonen mit Küchelchen (dialektal Kichelche) sowie Küchle (dialektal Kichle) keine Komposita genannt. Die Herkunft von Kuchen, für das bedeutungsgleiches westgermanisch *kōkōn erschlossen wurde, ist ungeklärt. Vielleicht ist es aus einer romanischen Sprache entlehnt. Man vergleiche rätoromanisch cocca ‘Kuchen’. Eine sprachliche Verbindung zu Küche liegt wohl nicht vor.
Fast ausschließlich auf Rheinhessen ist Kräpfel (dialektal Krebbel u. ä.) beschränkt. Die Form stellt das mit l-Suffix gebildete Diminutiv von Krapfen dar. Das Wort, als althochdeutsch krapfo, kraffo bezeugt, bedeutet eigentlich ‘Haken, Kralle’, ist aber bereits in alter Zeit auf das Gebäck übertragen worden. Dieses war früher nicht wie heutzutage üblich kugelförmig, sondern hakenähnlich gebogen. Auch andere, z. B. rechteckige Gebäckformen waren verbreitet. In den Dialekten des Erhebungsareals ist die ursprüngliche Bedeutung von Krapfen, das als Grobe, Grabbe usw. ein karstartiges Gerät bezeichnet, (im Gegensatz zur Standardsprache) auch heute noch greifbar.
Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.