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Sportkinderwagen (Buggy)
Gefragt wurde mittels einer Abbildung nach dem leichten, wendigen, zusammenfaltbaren Sportkinderwagen, der überregional unter der Bezeichnung Buggy bekannt ist. Das Wort wurde mit dem Gegenstand etwa Mitte der 1960er Jahre aus dem englischsprachigen Raum übernommen. Ursprünglich bezeichnete englisch buggy einen leichten Pferdewagen. In die Dialekte des Untersuchungsraums hat Buggy keinen Eingang gefunden. Lediglich einmal wird Bakki genannt. Von abweichenden Einzelbelegen abgesehen, weist die Karte drei relativ klar abgegrenzte Wortareale aus. Südlich einer Linie etwa Zweibrücken – Frankenthal herrscht der Typus Sportwagen vor, nördlich davon der Typus Drücker, und zwischen Kusel und Kaiserslautern ist ein kleines Hocker-Gebiet festzustellen.
Das Wort Sportwagen (dialektal Sportwaa u. ä.), das im Untersuchungsgebiet häufig auch in diminuierter Form auftritt, und zwar als Sportwägel(e), Sportwägelchen (dialektal Sportwäggel, Sportwäschelsche u. ä.), ist eine sprachlich an den Dialekt angepasste Übernahme aus dem Standarddeutschen. Dort bezeichnet Sportwagen einen Kinderwagen, in dem Kinder sitzend befördert werden können. Ein solches Fahrgerät ist mit einer verstellbaren Rückenlehne ausgestattet, vorne ist es offen und mit einer Fußstütze versehen. Der Übergang zum weniger kompakten Buggy ist fließend. Oft wird auch dieser mit Sportwagen bezeichnet. Daneben gibt es in der Standardsprache die Ausdrücke Sportkinderwagen und (gleichbedeutend) Kindersportwagen, die es erlauben, das mehrdeutige Sportwagen (auch: ‘niedriges schnelles Automobil’) zu umgehen.
Jeweils einmal sind die ebenfalls standardsprachlich beeinflussten Zusammensetzungen Kindersportwagen (dialektal Kinnersportwaa), Kinderwagen (dialektal Kinnerwagge) und das dazugehörige Diminutiv dialektal Kinnerwänche vertreten. In den beiden letztgenannten Fällen kommt es nicht zu einer Verwechslung mit dem geschlossenen Kinderwagen (für Säuglinge), da dieser in den betreffenden Belegpunkten (Kinder‑)Schäse heißt (vgl. Karte 73.).
Bei den anderen Bezeichnungen geht der Dialekt unabhängig von der Standardsprache eigene Wege. Das Wort Drücker (dialektal Drigger), das auch in den Diminutivformen Drückerchen, Drückerle (dialektal Driggerche, Driggerle u. ä.) sowie als Zweitglied in der Zusammensetzung Kinderdrücker (dialektal Kinnerdrigger) vorkommt, ist eine Substantivableitung vom Verb drücken (seit dem 9. Jh. belegt). Das Wortbildungsmotiv resultiert aus der Art, einen Buggy fortzubewegen, was durch Schieben/ Drücken des Gefährts geschieht. Das gleiche Motiv liegt bei der Diminutivbildung Schiebchen (dialektal Schiebsche) zu dem Verb schieben (seit dem 8./9. Jh. belegt) vor.
Auf die sitzende Position des Kindes im Sportwagen ist die Bedeutungsübertragung von Hocker (dialektal Hogger) ‘(Fuß‑)Schemel’ zurückzuführen. Das Wort ist vom Verb hocken abgeleitet, das im Dialekt ‘sitzen, setzen (transitiv)’ bedeutet. Dieses führt auf indogermanisch *keuk- ‘sich biegen, wölben, krümmen’ zurück. Neben dem Simplex wird auch die Diminutivableitung Hockerchen gemeldet.
Bei der Bezeichnung Kutsche – eigentlich ‘Pferdewagen zur Beförderung von Personen’ – liegt Bedeutungsübertragung nach der Form des Gegenstands vor. Ob französisch coucher ‘schlafen’ oder dialektal gautschen ‘schaukeln, wiegen’ hierbei hineinspielen, ist unklar. Kutsche ‘Pferdewagen für Personen’ ist im 16. Jh. aus ungarisch kotsi entlehnt, das auf den Ort Kocs bei Raab verweist, in dem solche Wagen angeblich hergestellt wurden.
Die als dialektal Scheeßewähnche einmal vorkommende Diminutivform zu Schäsenwagen stellt eine tautologische Zusammensetzung dar. Schäse, aus französisch chaise ‘Stuhl’, bedeutet in den Dialekten des Arbeitsgebietes ‘(Kinder‑)Wagen’ (vgl. Karte 73.). Durch Anhängen von ‑wagen erfolgt eine Verdeutlichung, die im Belegort zudem eine semantische Differenzierung leistet. Dort wird der geschlossene Kinderwagen (für Säuglinge) Kinderschäse (dialektal Kennerscheeß) bezeichnet.
Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.