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uneheliches Kind
Das Wort Bankert (dialektal Bonkert u. ä.) kommt im Arbeitsgebiet des Atlasses so gut wie flächendeckend vor. Die anderen Ausdrücke werden häufig lediglich als Zusatzvariante genannt. Bankert ist eine Zusammensetzung aus Bank- ‘Sitzgelegenheit’ und dem Namensbestandteil ‑hart (vgl. Reinhart, Gebhart usw.). Die unverschliffene mittelhochdeutsche Form banchart zeigt das deutlicher. Die Bezeichnung meint ‘das auf der (Schlaf‑)Bank (der Magd) und nicht im Ehebett gezeugte Kind’. Das Wort hatte in früheren Zeiten in Bänkling, Bankkind usw. Konkurrenten, konnte sich aber wohl deshalb durchsetzen, weil es mit seinem zweiten Teil an Bastard anklingt. Das Kompositum Heckenbankert (dialektal Heggebanggerd) ist als ‘uneheliches Kind, das hinter einer Hecke gezeugt wurde’ zu verstehen. Es konnte erst gebildet werden, nachdem die ursprüngliche Bedeutung von Bankert nicht mehr im allgemeinen Bewusstsein war.
Außereheliche Kinder waren früher gesellschaftlich stigmatisiert. Damit hängt wahrscheinlich zusammen, dass Bankert und Heckenbankert in den Dialekten auch als derbe Scheltwörter verwendet werden, mit denen unartige Kinder, vor allem Jungen beschimpft werden.
Bastard (dialektal Baschdart u. ä., mittelhochdeutsch bast(h)art) wird im 13. Jh. aus altfranzösisch bastard entlehnt. Das Wort bezeichnet im Altfranzösischen als Rechtsausdruck den anerkannten außerehelichen Sohn eines Adligen. Vielleicht liegt dem Wort die Ausgangsbedeutung ‘wilder Schößling eines veredelten Baumes’ zugrunde. In diesem Fall würde es einer Wortfamilie angehören, zu der im Neufranzösischen bâton ‘Stock’ zu zählen ist. Die Endung altfranzösisch ‑ard ist wohl aus dem Germanischen übernommen worden. Ihr entspricht die neuhochdeutsche Namenskomponente ‑hard, z. B. in Gerhard und Reinhard. In den Dialekten ist der semantische Inhalt von Bastard ganz allgemein ‘uneheliches Kind’, eine soziale Bedeutungskomponente ist nicht enthalten.
Kaum eine Verhaltenseigenschaft eines Vogels ist so allgemein bekannt wie der Brutparasitismus des Kuckucks. Er erscheint dem Menschen so abwegig, dass dieser moralisch bedenkliche Handlungsweisen, die an das Verhalten des Vogels erinnern, durch entsprechende Metaphorik versprachlicht. Das standarddeutsche Kompositum Kuckucksei bezeichnet eine ‘hinterhältige Gabe, zweifelhafte Unterschiebung’. In manchen Dialekten der Eifel wird eine schlecht sorgende Mutter als Kuckucksmutter bezeichnet. Im Untersuchungsgebiet des Atlasses sind Kuckucksei und Kuckuckskind (seltene) Ausdrücke für das uneheliche Kind.
Die übrigen vorkommenden Bezeichnungen werden nicht durch ein Wort repräsentiert, sondern durch Umschreibungen vom Typ Partizip II/Adjektiv plus Substantiv. Mitgebrachtes Kind verweist darauf, dass das Kind aus einer vorehelichen Beziehung in die Ehe mitgebracht wurde. In der Konstruktion lediges Kind (dialektal leddisches Kind), die sich auch (veraltend) in der Standardsprache findet, hat ledig die Bedeutung ‘vorehelich’. Im Pfälzischen kommt das Wort in dieser Bedeutung auch in anderen Verbindungen vor: ledige Zeit ‘Zeit vor der Ehe’, lediger Name ‘Mädchenname’ usw. Das Wort, das erst im Mittelhochdeutschen greifbar wird, hatte wohl zuerst die Bedeutung ‘frei, ungehindert’, wurde aber schon sehr früh auf ‘unverheiratet’ übertragen. Die Herkunft ist nicht geklärt.
Das Adjektiv taub wird auch in der Bedeutung ‘leer, ohne nutzbaren Inhalt, wertlos’ verwendet. Ausdrücke wie taube Nuss und taube Ähre sind in diesem Sinne zu verstehen. Die pfälzischen Dialekte fassen den Begriff weiter. In tauber Acker sowie taube Frau bedeutet das Adjektiv ‘unfruchtbar’, in taubes Ei (auch im Standarddeutschen geläufig) ‘unbefruchtet’. Das Pfälzische Wörterbuch (II, 142) gibt für taubes Ei lediglich die Bedeutung ‘unbefruchtetes Hühnerei’ an, auf ‘uneheliches Kind’ gibt es keinen Hinweis. Der Beleg (dialektal dawes Ei) lässt sich nicht zweifelsfrei deuten.
Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.