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Leberknödel (Sg.)
Leberknödel werden in der (Saar-)Pfalz und in Rheinhessen gewöhnlich mit Sauerkraut und Kartoffelpüree verzehrt. Das Gericht wird als eine regionale Spezialität angesehen. Aber auch im süddeutschen Raum sind Leberknödel überaus populär. Sie werden aus gemahlener Rinder- oder Schweineleber, der man Speck, eingeweichtes Weißbrot, Zwiebeln, Eier und Gewürze hinzufügt, hergestellt.
Im Untersuchungsgebiet des Atlasses sind für den Leberklops drei Bezeichnungen (Typen) erhoben worden, und zwar die Zusammensetzungen: 1. Leberknopf (dialektal Lewwerknopp u. ä.), 2. Leberkloß (dialektal Lewwerkloß u. ä.) und 3. Leberknödel (dialektal Lewerknödel u. ä.). Das einzige Simplex Knopf (dialektal Knopp) kommt nur einmal vor. Offensichtlich sind Kompositumsbildungen notwendig, um den Leberknödel von den anderen unzähligen Kloßarten, die die regionale Küche kennt, zu unterscheiden. Zu nennen sind aus der Pfalz z. B.: Grießknopf ‘Grießkloß’, Grundbirnenkloß ‘Kartoffelkloß’, Backofenknopf ‘Backofenhefekloß’, Weckknopf ‘Semmelknödel’.
Die Herkunft des Bestimmungsworts Leber- der oben genannten lexikalischen Varianten (Heteronyme) lässt sich nicht zuverlässig klären. Auf germanisch *librō(n) zurückgehend, ist die ursprüngliche Bedeutung vielleicht ‘die Fette’, eigentlich: ‘die gemästete Leber’. In diesem Fall wäre griechisch lípos ‘Fett, Öl, Salbe’ zu vergleichen.
Die jeweils das Grundwort bildenden Komponenten ‑knopf sowie ‑knödel gehören zu einer Reihe von Wörtern, die, mit Kn- anlautend, verdickte Gegenstände bezeichnen, vgl. etwa Knauf, Knolle und Knorpel. Knopf hat im Mittelhochdeutschen die Bedeutungen ‘Knorren, Knospe, Knoten, Schlinge, Knauf, kugelförmiges Ende, Kugel’. Im vorliegenden Zusammenhang ist die letztgenannte hervorzuheben. Da der Kloß in der Regel kugelförmig ist, lag die Bedeutungsübertragung nicht fern. Knopf ist das südwestdeutsche Wort für ‘Kloß’.
Bei Knödel (seit dem 14. Jh. überliefert) handelt es sich möglicherweise um eine Diminutivform zu Knoten. Dieses Nomen zeigt inhaltlich Parallelen zu Knopf. Mittelhochdeutsch knode/knote bezeichnet eine Verknüpfung von Fäden u. ä. sowie die Verdickung an Halmen u. ä. Das Wort Knödel entwickelt im Frühneuhochdeutschen die Bedeutung ‘Kloß’. Der Ausdruck ist mehr oder weniger auf den oberdeutschen Sprachraum beschränkt.
Kloß, das als Zweitglied in Leberkloß vorkommt, hat sich aus dem Nomen mittelhochdeutsch klōʒ entwickelt. Dessen Bedeutungen sind u. a. ‘Klumpen, Knolle, Knäuel, Knauf, Kugel’. Vorausgesetzt wird die Wurzel indogermanisch *gel- ‘(sich) ballen; Gerundetes, Kugeliges’. Kloß als Bezeichnung für die kugelförmige Speise ist im Mitteldeutschen und Niederdeutschen verbreitet. Sein Areal reicht im Arbeitsgebiet des Atlasses bis zu einer Linie etwa Rockenhausen – Worms.
Bei den Formen Leberklöß (dialektal Lebberklees u. ä.) sowie Leberknöpf (dialektal Lewerknepp u. ä.) handelt es sich um phonetische Varianten von Leberkloß bzw. Leberknopf. Ihre Entstehung ist folgendermaßen zu erklären: Klöße werden für eine Mahlzeit gewöhnlich in einer größeren Anzahl hergestellt und auf den Tisch gebracht. Auch der Verzehr beschränkt sich in der Regel nicht auf einen Kloß. Die kommunikativ häufiger verwendete Numerusform des Wortes ist daher der Plural, in diesem Fall also Leberklöße und Leberknöpfe. Die frequentere Pluralform ging im Laufe der Zeit auf den Singular über, so dass sich daraufhin die beiden grammatischen Formen lautlich-morphologisch nicht mehr voneinander unterschieden. Es heißt dann im Dialekt im Falle von Kloß: der Klees (Sg.) und die Klees (Pl.).
Die Belege mit ‑knödel in der Südostpfalz dürften bereits auf oberdeutsche Sprachverhältnisse verweisen. Bemerkenswert hingegen ist deren Vorkommen in der Nordpfalz, und zwar genau im Übergangsbereich von Knopf zu Kloß. Offensichtlich hat Unsicherheit über das ortstypische Dialektwort zum Ausweichen auf eine dritte Form geführt, die weder in dem einen noch in dem anderen Gebiet dialektal verankert ist. Das oberdeutsche Leberknödel (und nicht Leberkloß oder Leberknopf) ist die überregional gültige Handelsbezeichnung des Leberklopses, derer sich die Sprecher im Zweifelsfall bedienen.
Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.