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Möhre
Die am weitesten verbreitete Bezeichnung im Arbeitsgebiet des Atlasses ist Gelbrübe (dialektal Gälrieb, Gelerieb, Gellerrieb u. ä.). Das Bestimmungswort Gelb- bezieht sich auf die Farbe des Wurzelgemüses. Bis ins Mittelalter waren nur weiß- und gelbfleischige Möhrenarten bekannt. Erst danach setzten sich die durch Züchtung hervorgegangenen orangefarbenen Sorten durch. (Vgl. dagegen Rotrübe ‘Rote Bete’ im Untersuchungsareal, Karte 11.)
In den Dialekten hat das Farbadjektiv gelb kein auslautendes ‑b, es heißt gehl u. ä. Damit wird die mittelhochdeutsche Form gel fortgesetzt. Das heute im Standarddeutschen auftretende ‑b am Wortende ist ab dem 15. Jh. aus den flektierten Formen von mittelhochdeutsch gel (Genitiv: mittelhochdeutsch gelwes) in den Nominativ übernommen worden, wobei sich w zu b entwickelt hat.
Das Grundwort ‑rübe, das auch nicht zusammengesetzt als Rübe (dialektal Riewe) einmal gemeldet wird, ist als althochdeutsch ruoba überliefert. Das Nomen vergleicht sich mit lateinisch rāpa ‘Rübe’, aus dem deutsch Raps entlehnt ist.
Die erhobenen Dialektbelege für Karotte sind Karott und Karodde. Im zweiten Fall wird es sich wohl um die Pluralform handeln. Das Wort ist so gut wie ausschließlich in Rheinhessen verbreitet, wo es altes Gelbrübe verdrängt hat, das aber auch noch vorkommt, und zwar häufig als Variante am selben Belegort. Karotte ist im 16 Jh. aus niederländisch karote ins Deutsche entlehnt worden. Die Niederländer wiederum haben das Wort von den Franzosen übernommen. Französisch carotte führt zurück auf lateinisch carōta ‘Möhre’. Das Wort Karotte hat sich in der deutschen Schriftsprache etabliert, in den Dialekten jedoch hat es sich gegen die einheimischen Ausdrücke (Möhre, Gelbrübe usw.) kaum durchsetzen können. Flächenhaft ist es nur in einem kleinen Gebiet in Hessen dialektal verankert.
Karotte hat auf seinem Weg in die Dialekte zunächst nur Eingang in die Umgangs- und Stadtsprachen gefunden. Das hängt damit zusammen, dass das Wort zuerst für das speziell gezüchtete feinere, unten abgerundete Wurzelgemüse verwendet wurde. Diese Möhrensorte war für die kultiviertere Stadtküche bestimmt. Sie wurde in Gärtnereien gezogen, die sich vornehmlich am Rande der Städte befanden, auf deren Märkten sie zum Verkauf kam. Durch den Verkehr breitete sich die Bezeichnung Karotte, gestützt durch die Standardsprache, von den Städten in die Dialekte des Umlandes aus. Für Rheinhessen ist die Entwicklung als rasant zu bezeichnen. Der Deutsche Wortatlas (11, 6) weist für die Region nur zehn Karotte-Belege aus. Vorherrschend ist noch Gelbrübe. Der vorliegende Atlas hingegen dokumentiert eine frappierende Vielzahl von Karotte-Meldungen.
Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.