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Feldsalat
Der Feldsalat, der zu den Baldriangewächsen gehört, wurde ursprünglich als Wildsalat auf Wintergetreidefeldern und in Weinbergen gesammelt, wo er als Unkraut wächst. Das Ziehen in Gärten setzte wahrscheinlich erst nach 1700 ein. Durch Auslesezüchtung wurde darauf die Wildform zur Kulturpflanze umgewandelt. Aber noch heute wird in Weinbaugebieten wilder Feldsalat zum Verzehr gepflückt.
Die Bestimmungswörter in den Zusammensetzungen Feldsalat, Ackersalat und Wingertsalat verweisen auf die ursprüngliche Herkunft der Pflanze. Wingert ist das Dialektwort für ‘Weinberg’. Eigentlich bedeutet es ‘Weingarten’, hervorgegangen aus mittelhochdeutsch wīngart(e). Das Grundwort ‑salat ist eine seit dem 15. Jh. bezeugte Entlehnung aus italienisch salata. Das ist eine Nebenform von insalata ‘das Eingelegte, Marinierte’, ursprünglich: ‘das Eingesalzene’ zu italienisch (in)salare ‘einsalzen’ (vgl. lateinisch sāl ‘Salz’). Salat bezeichnet zuerst die Speise und dann die hierfür verwendeten Pflanzen.
Rapunzel, seit dem 16. Jh. belegt, ist eine Entlehnung aus italienisch raponzolo. Dieses stellt eine dialektale Diminutivform zu italienisch rapa ‘Rübe’ dar (vgl. dazu gleichbedeutend lateinisch rāpum). Wie erklärt sich, dass ein die Rübe bezeichnendes Wort für die Benennung des Feldsalats verwendet wird? Mit Rapunzel bezog man sich zuerst auf eine Glockenblumenart. Von dieser Pflanze wurden nicht nur die Blätter, sondern auch die rübenförmigen Wurzeln als Salat verzehrt. Die Ähnlichkeit des Gewächses mit dem Feldsalat ist groß. Beide haben rosettenartig angeordnete Blätter, beide wachsen in ihrer Wildform auf Äckern und in Weinbergen, beide waren früher als Wintersalat sehr geschätzt. Es wird angenommen, dass die Pflanzen wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem gleichen Wort benannt wurden, falls nicht Verwechslung die Ursache der Bezeichnungsgleichheit ist. Die Dialektform Rawunzel ist eine lautliche Variante von Rapunzel mit der Entwicklung von stimmlosem ‑p- über stimmhaftes ‑b- zur Spirans ‑w- (vgl. auch z. B. dialektal Gawwel ‘Gabel’).
Der winterharte Feldsalat grünt im Herbst und Winter auf Feldern, in Weinbergen und Gärten. Er wird vorzugsweise in der kalten Jahreszeit verzehrt. Der Ausdruck Wintersalat weist darauf hin.
Dollerchen ist eine Diminutivableitung von Doller. Dieses Wort wird auf Dotter zurückgeführt, wobei in den Dialekten Wandel von ‑t- zu ‑l- erfolgt. Mögliche Grundlage könnte aber auch eine nicht belegte mittelhochdeutsche Nebenform *toler zu toter/tuter ‘Dotter’ sein. Das Motiv für die Benennung des Feldsalats mit Dotter ist nicht klar.
Man kann in den Blättern des Feldsalats eine Ähnlichkeit mit Mausohren erblicken. Damit ist das Motiv für die metaphorische Bezeichnung Mausohr gegeben, die darüber hinaus in anderen Formen vorkommt: Mausohren (Pl.), Mausöhrchen/ Mausöhrcher (Diminutiv Sg./ Pl.) und Mausöhrchensalat.
Eine andere Wahrnehmung der Feldsalatpflanze kommt in dem Diminutiv Vielläppchen zum Ausdruck. In diesem Fall werden die Blätter als Läppchen aufgefasst. Die Zusammensetzung mit Viel- zu Vielläppchen ergibt sich aus der Tatsache, dass stets mehrere Blätter der Pflanze in einer Rosette stehen. Die Laienexploratoren des Atlasses notieren die Belegwörter durchgehend mit F- (Fillepsche usw.). Daraus ist zu schließen, dass das Bildungsmotiv des zusammengesetzten Wortes heute nicht mehr im Bewusstsein der Sprecher ist. Deutlich wird das auch bei Dialektformen wie Fillipche, die volksetymologische Anlehnung an das Diminutiv des männlichen Vornamens Philipp zeigen. Die Bezeichnung kommt häufig in der Pluralform Vielläppcher (dialektal Fileppcher u. ä.) vor. (Im Arbeitsgebiet lautet das ‑chen-Suffix im Sg. ‑che und im Pl. ‑cher.) Daneben ist einmal die Zusammensetzung Vielläppchersalat belegt.
Die mit einer Form von Lamm gebildeten Wörter Lämmerweide (dialektal Lämmerwääd), Lämmerwert sowie Lämmerle verweisen auf die Salatpflanze als beliebtes Futter der Schafe im Frühling. Bei Lämmerwert handelt es sich wahrscheinlich um eine hyperkorrekte verhochdeutschende Schreibweise von dialektal Lämmerwääd.
Arschdörner (dialektal Aschdern) ist vom Südhessischen Wörterbuch (I, 350) als Sg. Arschdorn belegt. Das Wort scheint exklusiv im Mainzer Stadtteil Gonsenheim vorzukommen (vgl. auch Valentin 1934, 115). Als Ausgangspunkt ist wohl Erdstern, bezogen auf die Blattrosette der Pflanze, die Assoziationen an einen Stern weckt, anzunehmen. In den Dialekten um Mainz hatte sich mittelhochdeutsch ë vor r zu dunklem a entwickelt (vgl. z. B. Hads ‘Herz’, schdaarwe ‘sterben und Aad ‘Erde’). Entsprechend der Regel musste Erdstern im Dialekt *Aadschdaan gelautet haben. In den 1920er Jahren waren die a-haltigen Wörter nur noch bei der alten Bauernbevölkerung feststellbar. Ansonsten waren die Formen mit a durch schriftsprachlichen sowie stadtsprachlichen Einfluss von Mainz durch Formen mit e ersetzt. Altes *Aadschdaan war wahrscheinlich schon viel früher unverständlich, weil es in den 1920er Jahren bereits zu Arschdorn umgedeutet vorliegt.
Kaum zu deuten sind Ritscher, Ritsche, von denen das erste auch in der Zusammensetzung Ritschersalat vorkommt. Vielleicht handelt es sich um Ableitungen zum Verb rutschen, das in den Dialekten auch in umgelauteter Form, also rütschen (dialektal ritsche) vorkommt. Möglicherweise hat man das grundständige Wachstum der Blattrosetten des Feldsalats als ‘Über-den-Boden-Rutschen’ aufgefasst und die Pflanze entsprechend Ritscher bezeichnet.
Ranukel ist eine Vereinfachung von Ranunkel. Im Standarddeutschen bezeichnet das Wort den Hahnenfuß. Der Ausdruck ist eine Eindeutschung des wissenschaftlichen lateinischen Terminus ranunculus für ‘Hahnenfuß’.
Nicht zu deuten ist der vom Laienexplorator als Lahre verschriftlichte Beleg.
Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.