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Fliege
Die Exploration der dialektalen Bezeichnungen erfolgte mittels einer Farbfotografie, auf der eine Zimmerfliege abgebildet war. Die gelieferten Antworten beziehen sich also auf diese spezielle Spezies unter den vielen Fliegenarten. Das Untersuchungsgebiet teilen sich die Wörter Mücke (dialektal Migg u. ä) sowie Schnake (dialektal Schnoog u. ä.), wobei das letztgenannte so gut wie ausnahmslos in der nördlichen Hälfte des Erhebungsareals vorkommt.
Mücke in der Bedeutung ‘Fliege’ ist in den west- und südwestdeutschen Dialekten verbreitet. Dagegen wird dort das schlanke, stechende Insekt, das in der Standardsprache Mücke heißt, mit Stechmücke oder ganz anders benannt (vgl. Karte 20.). Mücke ist im Mittelhochdeutschen mit Umlaut und ohne Umlaut belegt: mücke/ mügge bzw. mucke/ mugge. Zugrunde liegt germanisch *mugjōn ‘Mücke’, das vermutlich von germanisch *muh‑ja- ‘Mückenschwarm’ abgeleitet ist.
Aus zwei Belegorten wird Schmeißmücke (dialektal Schmäßmick u. ä.) gemeldet. Nach Auskunft des Pfälzischen Wörterbuches (V, 1161) bezeichnet das Wort die große, grün-bläulich schillernde Fliege, die von Fleisch, Aas und Kot angelockt wird und darauf ihre Eier ablegt. Im Standarddeutschen ist hierfür Schmeißfliege geläufig. Es muss in Betracht gezogen werden, dass die Gewährspersonen das abgebildete Insekt fälschlicherweise nicht als Zimmer‑, sondern als Schmeißfliege identifiziert und entsprechend benannt haben. Das erste Kompositumsglied geht auf das schwache Verb mittelhochdeutsch smeiʒen ‘besudeln, Kot abwerfen (besonders von Vögeln)’ zurück, das keinen Eingang in die neuhochdeutsche Standardsprache gefunden hat. Das Motiv für die Wortzusammensetzung liefert das Eigelege der Fliege, das man früher für Ausscheidungen des Insekts gehalten hatte. Abzulehnen ist ein Zusammenhang mit neuhochdeutsch schmeißen ‘werfen, schleudern’ aus mittelhochdeutsch smīʒen ‘streichen, schmieren, schlagen’. In diesem Fall müssten die Dialekte im Kompositum Schmeißmücke einen Diphthong als Stammvokal des Bestimmungswortes aufweisen, belegt sind jedoch nur Monophthonge: Schmäß- und Schmees-.
Das Substantiv Schnake kommt im Arbeitsgebiet des Atlasses nicht nur in der Bedeutung ‘Fliege’ vor. Im Mücke-Gebiet bedeutet es ‘Stechmücke’ (vgl. Karte 20.). Der Ausdruck ist seit dem 14. Jh. als spätmittelhochdeutsch snāke belegt. Die Herkunft ist unklar, aber das Wort ist zu vergleichen mit verschiedenen dialektalen Formen des Nordgermanischen, z. B. nordnorwegisch snag ‘hervorspringende Spitze, Ecke’. Demnach wäre Schnake, wörtlich genommen, ‘die Spitze, die Stechende’.
Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.