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Streichholz
Streichhölzer im modernen Sinne gibt es seit etwa 1830. Als Bezeichnung für die Zündware dienen zum Teil Wörter, die bereits für die älteren Anzündhilfen verwendet wurden. Dazu gehören die im Erhebungsgebiet des Atlasses nur sehr selten vertretenen Zusammensetzungen Schwefelholz und Feuerzeug. Der erstgenannte Ausdruck bezeichnete im Mittelalter ein mit Schwefel bestrichenes Holzstäbchen, das zum Entzünden eines Feuers benutzt wurde. Das Nomen Schwefel – althochdeutsch swebal, sweval – ist mit gleichbedeutend lateinisch sulphur verwandt. Die ursprüngliche Herkunft ist ungeklärt. Holz geht auf gleichbedeutend germanisch *hulta- zurück, dem die Wurzel indogermanisch *kelə- ‘schlagen, brechen’ zugrunde liegt. Holz bedeutet also ursprünglich ‘das Abgeschlagene, Abgehauene’.
Mit Feuerzeug (dialektal Feierzeich u. ä.) ist selbstverständlich nicht das moderne Gas- oder Benzinfeuerzeug gemeint, sondern das Streichholz. Das Wort – mittelhochdeutsch viurziuc – bezeichnete zuerst das Gerät (Stein, Eisen, Zunder), das zur Feuererzeugung notwendig war. Nach Erfindung des Streichholzes wurde der Ausdruck auf den neuen Gegenstand übertragen. Zeug ‘Stoff, Ausrüstung, Gerät’ gehört zum Verb ziehen. Das Substantiv hat also die Ausgangsbedeutung ‘das Ziehen, Heranziehen (einer Sache)’ und entwickelt sich dann zur Bezeichnung für das zur Benutzung Herangezogene. Sowohl Feuerzeug als auch Schwefelholz scheiden allmählich aus dem Dialektwortschatz aus.
Neue Bezeichnungen, die nach der Entwicklung des Streichholzes, also im 19. Jh. auftreten, sind Fixfeuer, Zündholz und Streichholz, um nur die Hauptformen des Arbeitsgebietes zu nennen. Zwar gibt es die Zusammensetzung Streichholz bereits im 15. Jh., aber sie bezeichnet etwas Anderes, nämlich verschiedene Geräte u. a. zum Glatt- und Abstreifen gefüllter Gefäße. Auch Zündholz ist schon im 16. Jh. belegt, jedoch im Sinne von ‘Brennholz’. Dieses Kompositum liegt heutigem Streichholz (‘Anzündhilfe’) semantisch zwar näher als altes Streichholz (‘Abstreifer’), stellt aber wohl keine Bedeutungsübertragung dar. Zündholz ist eigentlich das oberdeutsche Wort für ‘Streichholz’, es kommt (mit Diminutivbildungen) im Untersuchungsgebiet des Atlasses nur sehr selten vor. Das Erstglied Zünd- ist eine Rückbildung aus dem Verb zünden ‘in Brand geraten/setzen’, dessen Herkunft nicht bekannt ist. Um eine Rückbildung handelt es sich ebenfalls bei Streich- in Streichholz, und zwar aus dem Verb streichen, das möglicherweise mit lateinisch stringere ‘berühren, wegreißen’ verwandt ist. Das Motiv für die Wortzusammensetzung ergibt sich aus der Tatsache, dass das Streichholz durch Streichen, d. h. Reiben an einer rauen Fläche entzündet wird (vgl. auch Streifhölzel in Österreich). Im Arbeitsgebiet des Atlasses kommen Streichholz und Zündholz auch als Diminutive vor: Streichhölzchen, Streichhölzel bzw. Zündhölzchen, Züdhölzel.
Fixfeuer (dialektal Fixfeier) hat als Bestimmungswort das Adjektiv fix ‘schnell’. Vermutlich gehört dieses zu lateinisch fixus ‘festgemacht’ (zu lateinisch fīgere ‘festmachen’), das als Entlehnung im Deutschen seit dem 16. Jh. mit dem Sinn ‘fest, konstant’ nachweisbar ist (vgl. z. B. fixe Kosten). Vielleicht über ‘sicher, geschickt, gewandt’ hat fix die Bedeutung ‘schnell, rasch’ entwickelt. Das Motiv für die Zusammensetzung Fixfeuer könnte die schnelle Entflammbarkeit des Streichholzes geliefert haben (vgl. z. B. auch Schnellfeuer für das Streichholz in Niederbayern). Mit Fixfeuer sind auch die diminuierten mehrgliedrigen Komposita Fixfeuerhölzchen, Fixfeuerhölzel sowie Fixfeuerspänchen gebildet. Bei der letztgenannten Zusammensetzung lautet die Grundform des dritten Elements Span ‘flaches abgespaltenes Holzstück’. Der Ausdruck geht auf eine indogermanische Wurzel zurück, aus der sich in den Einzelsprachen Wörter für ‘langes, flaches Holzstück’ entwickelt haben, vgl. z. B. englisch spoon ‘Löffel’.
Das Wort Fidibus gibt es auch in der neuhochdeutschen Standardsprache, in der es einen gefalteten Papierstreifen oder einen Holzspan zum Feueranzünden (besonders bei der Tabakpfeife) bezeichnet. Der Ausdruck tritt im 17. Jh. in der Studentensprache auf, seine Herkunft ist nicht geklärt.
Literatur- und Ortskürzel-Verzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur (Literaturverzeichnis) sowie eine Aufschlüsselung der Ortskürzel (Belegorteverzeichnis) finden Sie unter den entsprechenden Links.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Drenda, Georg (2014): Wortatlas für Rheinhessen, Pfalz und Saarpfalz. St. Ingbert.