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geben
Das Verb (Zeitwort) geben kommt in dem von der Karte erfassten Gebiet in zwei Formen vor, die typisiert („verhochsprachlicht“) geben und genn lauten. Die erste ist im größten Teil des Rheinfränkischen und um Koblenz verbreitet, die zweite im Moselfränkischen und in den angrenzenden rheinfränkischen Dialekten. Der Typus geben wird in den Dialekten als gewwe, um Koblenz als gewe oder jewe realisiert. Der Wandel von g zu j am Wortanfang tritt regelhaft ein in den im Norden von Rheinland-Pfalz gelegenen Dialekten, vgl. auch Jeld ‘Geld’, janz ‘ganz’ usw. (Über den Verlauf der j/g-Grenze in unserem Gebiet gibt die Karte 49 gebacken Auskunft.) Der Konsonant (Mitlaut) b ist zwischen Vokalen (Selbstlauten) sowie nach l und r in allen Dialekten des Kartengebietes als w vertreten, man vergleiche Newwel, ‘Nebel’, glawe ‘glauben’, Kälwa ‘Kälber’, sterwe ‘sterben’ usw. Der Vokal des Wortstamms ist mit Ausnahme der Koblenzer Gegend, wo er gedehnt vorkommt, stets kurz. Die Dialekte setzen damit den mittelhochdeutschen Lautstand mit Kurzvokal fort. Das am Wortende stehende n der Verbindung ‑en wird gemäß einer Regel abgestoßen, vgl. z. B. auch lache ‘lachen’ und singe ‘singen’ (ausführlicher hierzu die Karte 41 schreiben).
Der Typus genn resultiert aus dem Ausfall von b in geben. Diese Entwicklung tritt bereits im Mittelhochdeutschen ein. Neben mittelhochdeutsch geben (sprich: gebben) kommen die Formen mittelhochdeutsch gên (sprich: geen) und mittelhochdeutsch gen (sprich: genn) vor. Der Ausfall von b zwischen Vokalen ist auch für mittelhochdeutsch haben belegt. Die gekürzte Form lautet hân. Zahlreiche Dialekte des Deutschen setzen diese Variante als han, hon, hun usw. fort. b-Schwund ist darüber hinaus für weitere Ausdrücke zu konstatieren, so heißt es z. B. im Oberhessischen blait ‘bleibt’, Lai ‘Leib’, im Westthüringischen glaist ‘glaubst’, hesch ‘hübsch’ und in Niederösterreich Waai ‘Weib’. Sehr weit verbreitet ist zwischenvokalischer b-Ausfall bei Bube mit Buu im Pfälzischen (vgl. Karte 72 Junge), Bua im Bairischen usw. (Vgl. zum g-Schwund zwischen Vokalen die Karte 18 Vogel.)
Die Variante genn ist im Kartengebiet durch verschiedene Lautformen vertreten. Neben genn und ginn, die die größte Verbreitung aufweisen, kommt in der Westeifel geen mit Vokaldehnung vor. Zwischen Zell und Cochem fällt n ab: geee. Im Norden des Gebietes, wo g am Wortanfang zu j wird (s. o.) sagt man jenn.
Literaturverzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur finden Sie hier (Literaturverzeichnis).
Hinweise zu den Karten
Lesen Sie hier Hinweise des Autors zum besseren Verständnis der Atlaskarten.
Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Stuttgart.
Zitierhinweis
[Begriff] (Kartennummer), in: Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland, digitalisierte Version auf Regionalgeschichte.net, < URL >, abgerufen am TT.MM.JJJJ.
z.B.: suchen (Karte 37), in: Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland, digitalisierte Version auf Regionalgeschichte.net, <https://www.regionalgeschichte.net/rheinhessen/sprache/dialektatlas-rlp-saar/begriffe-dialektatlas-rlp-saar/lautkarten/suchen.html>, abgerufen am 01.01.2022.