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Möhre
In den in Deutschland gesprochenen Dialekten gibt es für die Möhre unterschiedliche Ausdrücke, aus denen sich folgende Leittypen ableiten lassen: 1. Wurzel, 2. Möhre, 3. Mohrrübe und 4. Gelbrübe. Die vier Typen zeigen eine charakteristische Verteilung im Raum, die sich – stark vereinfacht – folgendermaßen darstellt: Im Nordwesten und Norden Deutschlands gilt Wurzel, in der niederdeutschen Form als Wortel u. ä. verbreitet. Im Nordosten ist Mohrrübe (mit der Nebenform Rübe) belegt. Die Mitte hat Möhre und der Süden Gelbrübe.
Die Karte zeigt die Bezeichnungen der Möhre in unserem Gebiet, durch das der westliche Abschnitt der Möhre/Gelbrübe-Grenze verläuft. Östlich einer Linie südlich Saarlouis – südlich St. Goar ist Gelbrübe mit den dialektalen Lautformen Gelleriib, Gähleriib, Gehleriib, Gellriib, Gählriib usw. verbreitet.
Im Mittelhochdeutschen erscheint das Wort gelb im Nominativ (Werfall) als gel. Erst später ist aus den flektierten (gebeugten) Formen des Wortes – z. B. Genitiv (Wesfall) im Mittelhochdeutschen.: gelwes, im Frühneuhochdeutschen: gelbes (mit Wandel von w zu b) – b auf den Nominativ übergegangen, so dass es heute in der Standardsprache gelb heißt. Die Dialekte unseres Gebietes (aber nicht nur diese) setzen altes gel als gehl, gähl u. ä. fort. Infolgedessen erscheinen die Dialektvarianten von Gelbrübe ohne b.
Das westlich der oben genannten Linie gelegene Möhre-Areal zerfällt in zwei Teile: einen nördlichen mit Muhre (Dialektformen: z. B. Muhr, Mua, Mohr, Morr) und einen südlichen mit Muhrte (Dialektformen: Muhrt, Muat, Mohrt, Mort u. ä.). Das Wort Möhre geht zurück auf mittelhochdeutsch mor(c)he, more. Der Umlaut von o zu ö ist erst später eingetreten. Die alte Form ohne Umlaut, also mit o, findet sich heute noch in der Zusammensetzung Mohrrübe. Die Dialektwörter Muhre und Muhrte setzen die umlautlose mittelhochdeutsche Form fort.
Im südwestlichen Saarland (und auch teilweise in Luxemburg und Lothringen) wird die Möhre wie in Nord(west)deutschland Wurzel genannt (Dialektform: Wuazel u. ä.). Es wird daher vermutet, dass der Geltungsbereich von Wurzel ursprünglich wesentlich größer war. Bedingt durch den sprachlichen Kontakt von Wurzel in der voralthochdeutschen Form Wurt (mit t statt z) und Muhre ist das t von Wurt auf Muhre übergegangen, so dass Muhrte entstand. (Der Sprachwissenschaftler nennt solch eine Kreuzung von Ausdrücken Kontamination.)
Das Wort Karotte, entlehnt über das Niederländische aus dem französischen (carotte), ist als Bezeichnung für die Möhre in den Dialekten kaum verankert. Als Ausdruck für die rote Bete hingegen, ist es von der Eifel bis ins Kleverland verbreitet.
Literaturverzeichnis
Die im Text erwähnte Literatur finden Sie hier (Literaturverzeichnis).
Hinweise zu den Karten
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Der obenstehende Inhalt ist entnommen aus Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Stuttgart.
Zitierhinweis
[Begriff] (Kartennummer), in: Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland, digitalisierte Version auf Regionalgeschichte.net, < URL >, abgerufen am TT.MM.JJJJ.
z.B.: suchen (Karte 37), in: Georg Drenda (2008): Kleiner linksrheinischer Dialektatlas. Sprache in Rheinland-Pfalz und im Saarland, digitalisierte Version auf Regionalgeschichte.net, <https://www.regionalgeschichte.net/rheinhessen/sprache/dialektatlas-rlp-saar/begriffe-dialektatlas-rlp-saar/lautkarten/suchen.html>, abgerufen am 01.01.2022.