Der Mainzer Hauptbahnhof
Vorgeschichte
Im Jahr 1837 - zwei Jahre nachdem die erste deutsche Eisenbahnstrecke zwischen Nürnberg und Fürth erbaut wurde - schlossen sich die Mainzer Eisenbahn-Gesellschaft und das Taunus-Eisenbahn-Komitee zur Taunuseisenbahn zusammen. Infolgedessen konnte am 13. April 1840 der Eisenbahnbetrieb zwischen Mainz-Kastel, Biebrich, Wiesbaden und Frankfurt aufgenommen werden. In Folge dieser Entwicklung wurde in Kastel der erste Bahnhof von Mainz errichtet. Da sich der Bahnhof auf der rechten Rheinseite befand und sich der Mainzer Handel, der auf der linken Rheinseite stattfand benachteiligt fühlte, wurden die Forderungen nach einem linksrheinischen Bahnhof lauter. Kurze Zeit später gründeten die Handelshäuser G. L. Kayser, C. Lauteren Sohn, Fink & Heidelberger, Friedrich Korn und Staatsprokurator Friedrich Knyn (1801-1877) eine Aktiengesellschaft, welche den Grundstein für eine Trasse von Mainz über Oppenheim und Worms nach Ludwigshafen legte. Am 23. März 1853 konnte die Ludwigsbahn ihren ersten Zug auf der Teilstrecke Mainz-Worms verkehren lassen. Am selben Tag wurde der erste Mainzer Bahnhof eingeweiht. Bereits im November desselben Jahres wurde die Strecke komplettiert und somit ein Anschluss nach Paris und Bern geschaffen.[Anm. 1]
Der erste linksrheinische Bahnhof, der noch komplett aus Holz erbaut war, befand sich am Rhein zwischen Fischtor und Holztor. Die Bahnsteighalle war zu allen Seiten offen und stand auf Stelzen über den Gleisen. In der Anfangszeit handelte es sich bei dem beschriebenen Gebäude um einen Kopfbahnhof, der durch den Ausbau des Streckennetzes zu einem Durchgangsbahnhof umgebaut wurde. Durch den Bau einer Eisenbahnbrücke über den Rhein im Jahr 1862 wurde die Strecke Darmstadt-Gustavsburg erschlossen und die Nutzung der Fähre damit hinfällig. Die nun existierende Verbindung zwischen beiden Rheinseiten und dem dadurch größer gewordenen Streckennetz überschritt die Kapazitäten des linksrheinischen Bahnhofs.[Anm. 2]
Der neue Hauptbahnhof an den Wallanlagen
Während die Hessische Ludwigsbahn den alten Bahnhof am Rhein erweitern wollte, konnte Stadtbaumeister Eduard Kreyßig (1830-1897), der sich seit 1865 im Amt befand, die Verantwortlichen von seinem Plan überzeugen, einen neuen Bahnhof an den Wallanlagen entlang zu konstruieren.[Anm. 3] Sein Entwurf wurde im Jahr 1874 vom Mainzer Bürgermeister Carl Wallau und dem Präsidenten der Bahngesellschaft Dr. August Parcus genehmigt. Mit der Realisierung der Pläne von Kreyßig, wurde mit dem Bau des neuen Bahnhofsgebäudes ein wichtiger Schritt für den Ausbau der Mainzer Neustadt geschaffen. [Anm. 4] Das neue Gebäude des Zentralbahnhofes wurde von Phillipp Berdellé konzipiert. Es wurde im Stil der italienischen Renaissance gestaltet, mit einzelnen Elementen des Barocks und des Klassizismus. Das Bahnhofsgebäude wird dominiert von einem mächtigen Mittelbau, der die Empfangshalle bildet. Zu den Seiten schließen sich kleinere Flügel an. Das gesamte Gebäude ist aus hellem Flonheimer Sandstein gefertigt. Für die Bildhauerarbeiten wurden unter anderem Valentin Barth und Anton Scholl beschäftigt.[Anm. 5] Am 15. Oktober 1884 wurde der gesamte Komplex des Mainzer Hauptbahnhofes eingeweiht. Die Mainzer waren über dieses Ereignis hoch erfreut und feierten zugleich die Eröffnung der gegenüber liegenden Actienbrauerei.[Anm. 6]
Die Empfangshalle des Hauptbahnhofs war zunächst noch in Räumlichkeiten für Reisende unterschiedlicher Klassen unterteilt. Während Passagiere der dritten Klasse links verortet waren, durften sich Besitzer teurer Tickets im rechten Teil des Gebäudes aufhalten. Mainz‘ neuer Bahnhof beherbergte Europas größte Bahnsteighalle, welche 300 Meter lang und 47 Meter breit war. [Anm. 7] Mit diesen Maßen übertraf der Hauptbahnhof selbst die Gare d’Austerlitz in Paris.[Anm. 8] Im Umfeld des Gebäudes entstanden in den Folgejahren Hotels, Wohn- und Geschäftshäuser. Auch wurde der Ausbau des Schienennahverkehrs ausgebaut. So fuhr bereits 1904 die erste elektrische Straßenbahn nach Mombach, die eine weitere Errungenschaft der Stadt Mainz war.[Anm. 9]
Gebäudebrand und Kriegsschäden
Im Jahr 1934 fiel der Hauptbahnhof einem Brand zum Opfer, der Umbaumaßnahmen am Gebäude forderte. Auch die Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg veränderten das Erscheinungsbild des Bahnhofes. Diese Umstände hatten zur Folge, dass viele der schmückenden Elemente an der Außenfassade nicht restauriert wurden und somit völlig verschwanden. Der Bahnhofsvorplatz unterlag im Laufe der Jahrzehnte ebenfalls gravierenden Veränderungen. War der Bahnhofsvorplatz ursprünglich ein blumenbepflanzter Promenierplatz veränderte er sich mit den Jahren zu einem Verkehrsknotenpunkt in Mainz.[Anm. 10]
Anmerkungen:
- Vgl. Dietz-Lenssen, Matthias: …und niemals über die (Schienen-)Stränge geschlagen. Historische Aspekte zum Verhältnis der Mainzer zu ,ihrer‘ Eisenbahn. In: Vierteljahreshefte für Kultur, Politik, Wirtschaft und Geschichte, 21. Jahrgang 2001, S. 14f. Zurück
- Vgl. Dietz-Lenssen (2001), S. 15f. Zurück
- Vgl. Dietz-Lenssen, Matthias: Großer Bahnhof in Mainz. 125 Jahre Mainzer Hauptbahnhof. Das Jubiläum einer genialen Idee. In: Vierteljahreshefte für Kultur, Politik, Wirtschaft und Geschichte, 29. Jahrgang 2009, S. 59. Zurück
- Vgl. Dietz-Lenssen (2001), S. 16f. Zurück
- Dietz-Lenssen (2009), S. 61. Zurück
- Vgl. Dietz-Lenssen (2001), S. 16f. Zurück
- Vgl. Dietz-Lenssen (2001), S. 18.) Zurück
- Dietz-Lenssen (2009), S. 61. Zurück
- Vgl. Dietz-Lenssen (2001), S. 18.) Zurück
- Dietz-Lenssen (2009), S. 62 f. Zurück