Mainz in Rheinhessen

Mainz wird Reichsfestung

Stadtplan von Mainz aus dem Jahr 1898.[Bild: Historisch-geographische Enzyklopädie der Welt (1880-1898);]

Da man sich nach Napoleons Niederwerfung 1814 und der folgenden Aufteilung ehemals französisch kontrollierter linksrheinischen Gebiete im Fall der Festungsstadt Mainz nicht auf eine feste Zugehörigkeit einigen konnte, wurde Mainz folglich von einer geteilten preußisch-österreichischen Administration verwaltet. [Anm. 1] Nach dem preußischen Sieg bei Königgrätz 1866 wurde Mainz für sechs Jahre zur preußischen Festung; die zuvor noch dort stationierten Österreicher zogen ab. 

Während des 19. Jahrhunderts machte sich in Mainz zunehmend die Einengung der Stadt durch die Festungswerke bemerkbar. Um einen Aufschwung durch zusätzlichen Wohnraum und die Bereitstellung von Bauflächen für Industriebetriebe herbeizuführen, bemühten sich die Mainzer Kommunalpolitiker und Stadtplaner um die preußische Genehmigung einer Stadterweiterung. Dies wurde von preußischer Seite jedoch zunächst vehement abgelehnt, da Mainz als Festungsstadt noch immer einen strategischen Wert besaß.[Anm. 2] Nach schwierigen Verhandlungen bot das preußische Kriegsministerium 1868 an, die sogenannte Gartenfront niederzulegen und das gesamte Gartenfeld in eine neue Festungslinie und somit in das Stadtgebiet miteinzubeziehen. Die Planungen und Verhandlungen über die Übernahme der Baukosten und der Ankäufe von Grundstücken zogen sich bis in den Sommer 1870 hin. Als dann der Krieg mit Frankreich ausbrach, fürchteten die Mainzer, dass die Realisierung dieses Projektes nun nicht mehr durchgeführt würde. [Anm. 3]

Mit dem schnellen deutschen Sieg über Frankreich 1870/71 und der deutschen Reichsgründung änderte sich die Lage. Die Festung Mainz hatte an militärischer Bedeutung eingebüßt, da nun die Festungsstädte Metz und Straßburg die Verteidigung der Reichsgrenze übernahmen. Im Zuge der nun 1872 anlaufenden Stadterweiterung wurde die Gartenfeldfront aufgelassen und mit dem Bau neuer Festungswerke begonnen, welche das gesamte Gartenfeld bzw. die „Neustadt“ umgeben sollten.[Anm. 4] Diesen 4 Mio. Gulden teuren „Rheingauwall“ musste die Stadt selbst bezahlen. Anders als die älteren Befestigungen der Stadt war dieser Wall in „neupreußischer Befestigungsmanier“ errichtet worden. Dies bedeutete einen rechteckigen Wall ohne Bastionen. Außerdem wurde das ebenfalls neu aufgeschüttete Rheinufer befestigt. [Anm. 5]

Der Verkauf von Grundstücken innerhalb des neuen Stadtgebiets sowie der Bau von Wohnhäusern ging nur langsam voran. 1876 wurden die ersten Grundstücke im mittleren Bereich der Kaiserstraße verkauft. Zwischen 1872/73 und 1880 gab es insgesamt weniger Neubauten in der „Neustadt“ als im gleichen Zeitraum in der Altstadt. Erst ab dem Jahr 1885 wurden zunehmend Grundstücke verkauft, sodass in Mainz zwischen 1874 und 1896 über 1.139 neue Häuser gebaut wurden. Gleichzeitig wuchsen die Mainzer Vororte Gonsenheim, Kastel und Mombach schneller als die Stadt selbst, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die Wohnungen in Mainz selbst nicht den Ansprüchen entsprachen; seien es die hohen Mieten in den Neubauten der „Neustadt“ oder die veralteten Wohnungen in der Altstadt. [Anm. 6]

Dass die Stadtbefestigungen einerseits den militärischen Anforderungen nicht mehr genügten und andererseits die Entwicklung der Stadt weitgehend behinderten, erkannten im Jahr 1904, nach langen Debatten im Mainzer Stadtrat, auch die Entscheidungsträger der „Allerhöchsten Kabinettsordre“ in Berlin. Obwohl nun beschlossen wurde, weite Teile der Stadtbefestigung und auch des erst 30 Jahre alten Rheingauwalls aufzulassen, blieb Mainz weiterhin Festungsstadt. Jedoch bestanden die neuen Befestigungen jener Jahre aus einem Gürtel aus letztlich über 300 Bunkern im Umkreis von 10 km um die Stadt herum. [Anm. 7]

Nachweise

Verfasser: Hauke Petersen

Verwendete Literatur:

  • Kläger, Michael: Mainz auf dem Weg zur Großstadt (1866-1914). In: Dumont, Franz [u.a.]: Mainz. Die Geschichte einer Stadt. Mainz 1998, S. 429-474

Erstellt am: 02.11.2016

Anmerkungen:

  1. Vgl. Kläger, Michael: Mainz auf dem Weg zur Großstadt (1866-1914). In: Dumont, Franz [u.a.]: Mainz. Die Geschichte einer Stadt. Mainz 1998, S. 429-474, hier S. 450.  Zurück
  2. Vgl. Dumont, Stefan: Der „Schlüssel zum Reich“ – Mainz als Festungsstadt. In: Dumont, Franz [u.a.] (HG.): Mainz – Menschen, Bauten, Ereignisse, S. 231-245, hier S. 240. Zurück
  3. Vgl. Kläger, S. 450f. Zurück
  4. Vgl. Kläger, S. 451f. Zurück
  5. Vgl. Dumont, S. 241. Zurück
  6. Vgl. Kläger, S. 454f. Zurück
  7. Vgl. Dumont, S. 241. Zurück