Mainz in Rheinhessen

Die Mainzer Favorite

Favorite in Mainz. Aquarell Graf von Kesselstadt.[Bild: Landesmuseum Mainz]

Südlich von Mainz, gegenüber der Mainmündung gelegen, befand sich eines der schönsten Lustschlösser Deutschlands, das von Kurfürst Lothar Franz von Schönborn (1655-1729) angelegt wurde. Als das Gelände im Jahr 1700 in den Schönborner Besitz kam, befand sich an dieser Stelle bereits ein Garten mit Skulpturenschmuck. Die Gartenanlage wurde 1793 vollständig zerstört.

Erster Bauabschnitt

Zuerst entstand im Süden parallel zum Rhein eine kleine Zwei-Flügel-Anlage mit einer Schmalseite, an der sich auch die Hauptzufahrt befand. Dieses Gebäude diente als Konzert- und Speisesaal. Bereits für das Jahr 1705 ist der Lustschloss-Name "Favorite" bezeugt. Bis zum Frieden von Rastatt 1714 gingen die Bauarbeiten nur schleppend voran, da die ungeschützte Lage der Favorite zu Zeiten des Spanischen Erbfolgekrieges eher bedenklich war. Unterdessen wurde die Gartengestaltung (Maximilian von Welsch) weiterbetrieben.

Zweiter Bauabschnitt

Favorite in Mainz. Kupferstich von S. Kleiner um 1723.[Bild: Landesmuseum Mainz]

Der zweite größere Bauabschnitt vollzog sich 1717/1718. Die Orangerie, drei seitlich davor gestaffelte Kavaliersbauten und französische Gartenanlagen mit Wasserbecken und -spielen entstanden in dieser Zeit. Mit der Gestaltung des Figurenprogramms beauftragte Franz von Schönborn den 1705 von ihm zum Hofbildhauer ernannten Franz Mathias Hi(e)rnle (1677-1732). Während der Regierungszeit des Kurfürsten Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg entstand zwischen 1729 und 1752 ein zum Rhein ausgerichtetes Gartenhaus, das sog. "Porzellanhaus". Baumeister war Anselm Franz von Ritter zu Gruenstein.

Eine der letzten festlich umrahmten Zusammenkünfte, die in der Favorite stattfanden, begünstigte vielleicht ihre völlige Zerstörung im Sommer 1793. Im Anschluss an die Krönung des letzten Kaisers des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Franz II., wurde auf der Favorite vom 19.-21. Juli 1792 ein Fürstentag abgehalten, zu dem der Kaiser mit König Friedrich Wilhelm von Preußen und anderen Fürsten und Diplomaten zusammentraf. Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig hatte ein gegenrevolutionäres Manifest ausgearbeitet, das dann in der kurfürstlichen Buchdruckerei in Mainz gedruckt wurde und in Frankreich Verbreitung fand. Es schloss sich den Wünschen des französischen Königspaares Ludwig XVI. und Marie Antoinettes an und drohte dem revolutionären Frankreich mit militärischen Maßnahmen, die letztlich zur Kanonade von Valmy führten.

Die Favorite wurde als Symbol der absolutistischen Macht von den französischen Revolutionstruppen dem Erdboden gleichgemacht. Vom einstigen Figurenschmuck ist so gut wie nichts mehr erhalten. An die Favorite selbst erinnert nur noch der Name einer Straße.

Nachweise

 

Redaktionelle Bearbeitung: Stefan Grathoff

Verwendete Literatur:

  • Brüchert, Hedwig (Hrsg.): Vom kurfürstlichen Barockgarten zum Stadtpark. Die Mainzer Favorite im Wandel der Zeit. Im Auftrag des Förderverein Stadthistorisches Museum Mainz e.V. Mainz 2009.
  • Reber, Horst: Goethe:"Die Belagerung von Mainz 1793". Ursachen und Auswirkungen. Landesmuseum Mainz, 28. März bis 30. Mai 1993. Mainz 1993.

Aktualisiert am: 17.09.2014